Mai 10 2017
Cross Creek
Auch bei Marjorie Kinnan-Rawlings war ich schon einmal (s. Blogeintrag vom 27.April 2014). Während der Führung im Haus durfte man damals leider nicht fotografieren. Diesmal hatte ich mehr Glück, wir hatten eine sehr nette ältere Dame als Tour guide und waren noch dazu die einzigen Besucher zu dieser frühen Tageszeit (09:00 Uhr). Wir haben uns vorher mit ihr unterhalten und nachdem wir herausgefunden haben, dass sie aus Vermont stammt und wir ihr erzählt haben, dass Stevie dort geboren ist, war das Eis gebrochen und ich durfte frei fotografieren.
Das Haus ist ein typisches „Cracker“ Haus, so nannte man die Farmer wegen ihrer knallenden (crack) Peitschen mit denen sie Ihre Pferde antrieben. Wobei Marjorie keine Farmerin war, sie hat das Gebäude inkl. 100 acres Land (1 acre = ca. 4000qm), eine ehemalige Orangenfarm 1928 von ihrem Pulitzer Preisgeld ($30.000 entspricht heute ungefähr einer halben Million $) gekauft. Sie liebte das Haus weil es so ruhig und abseits von allem war. So hat sie sich die für sie nötige Atmosphäre zum Schreiben geschaffen. Das Haus war bis in die späten 40iger Jahre bewusst ohne Strom, wenn sie Gäste hatte, wurde lediglich ein Diesel-Generator angeworfen.
Aber reden wir von den drei Mädchen, Henny-Jane, Ethel und Annalee, in der Küche. Marjorie hat neben ihren sehr erfolgreichen Romanen auch ein Kochbuch „Cross Creek Cooking“ geschrieben. Nun haben sich die Bewahrer des Erbes von MKR zur Aufgabe gemacht, einmal im Monat in historischer Umgebung und zeitgemäßen Gewändern und Bedingungen, Gerichte aus dem Kochbuch zu kochen, die der interessierte Besucher dann kosten kann.
In der Küche ist es wegen dem alten Holzofen brüllheiss, aber das tut dem Gekicher und fröhlichen Gewusel keinen Abbruch. Annalee holt gerade das duftende Cornbread aus dem Ofen, Ethel rührt im Topf mit den „Collard Greens“ (ein Gemüse ungefähr wie Grünkohl) während mich Henny-Jane auf die Seite zieht und mir das Rezept für ihre delicious „Beets in Orange Juice“ (rote Beete in Orangensaft) verrät. Leider könne sie mir davon keine Kostprobe geben, da es zu dieser Jahreszeit noch keine Beets gäbe. Währenddessen füttert sie mich mit etwas gebutterten Cornbread, das fluffig -duftend und einfach köstlich ist. Ich mag die süsse Variante mit einzelnen Maiskörnern im Inneren und mit Puderzucker bestäubt am Liebsten. Henny-Jane erzählt mir von ihrer Farm daheim, aber, versichert sie mir augenzwinkernd, dort ginge es heute schon moderner zu und der Mann müsse nicht mehr zur Jagd damit Fleisch auf den Tisch käme (no huntin‘ for yer meat anymore). Ich frage sie lieber nicht nach ihrer Familie…
Ethel rettet mich dann aus den Fängen von Henny-Jane, aber nur um mich nun ebenfalls zu füttern, diesmal mit dem Kohlgemüse. Eigentlich mag ich das nicht, war aber überrascht wie würzig und gut es war. Derartig abgefüttert, pappsatt und vergnügt haben wir uns dann von den Mädchen verabschiedet, aber nicht ohne dass sie uns das Versprechen des Wiederkommens abgenommen haben. Gerne wäre ich noch geblieben, von drei so netten Mädchen wird man schliesslich nicht jeden Tag gepäppelt. Wobei mir da der Vers von Wilhelm Busch wieder in den Sinn kommt:
„Denn jeder Jüngling hat nun mal, einen Hang zum Küchenpersonal“
Juni 11, 2017 @ 18:19:48
Hi Ira,
schon erstaunlich, dass sich hier soviel Tradition bewahren konnte
(einschl. diverser Wetterphänomen) und so unverkrampft weiter gepflegt wird.
Dass Du natürlich von der Damenwelt wieder speziell verwöhnt wirst, ist ja nichts Neues,
oder ?
Juni 15, 2017 @ 01:26:05
Ja, besonders die Menschen „auf dem Land“ sind sehr traditionell. Da ist das alte Florida noch sichtbar. Und das mit der Damenwelt… ich glaube aus dem Alter bin ich (leider) langsam raus… 😉